04.05.2022

Solidarische Landwirtschaft - Warum es sich lohnt mitzumachen

Die Idee der Solidarischen Landwirtschaft, bei der ein fester Personenkreis die landwirtschaftlich oder gärtnerisch erzeugten Produkte verbindlich abnimmt, bekannter machen, Menschen vor Ort und überregional vernetzen sowie gemeinsam in den Austausch treten: Dazu hat unsere Fraktion bei der Veranstaltung „Solidarische Landwirtschaft – Warum es sich lohnt, mitzumachen“ am 04. Mai 2022 in Ballenstedt-Badeborn eingeladen. 

Susan Sziborra-Seidlitz spricht bei der Veranstaltung Solidarische Landwirtschaft. Foto: Eigene Aufnahme

Susan Sziborra-Seidlitz, die diese Region als Abgeordnete betreut, begrüßte zahlreiche Interessierte im Kulturhaus Badeborn. 

Dorothea Frederking spricht bei der Veranstaltung Solidarische Landwirtschaft. Foto: Eigene Aufnahme

Unsere agrarpolitische Sprecherin Dorothea Frederking würdigte die Leistung der Beschäftigten in der Landwirtschaft. Sie stellte dar, dass die Landwirtschaft essenziell, aber auch akut bedroht ist. Seit der Dürre 2018 hat sich dieser Zustand verschärft. Die Klimakrise ist schon da und wird noch härter werden, sowohl in Sachsen-Anhalt als auch auf der ganzen Welt. Deshalb muss jetzt nach der Leitfrage gehandelt werden: Wie kann die Landwirtschaft krisenfester gemacht werden?

Das Ziel ist, die Ernte von morgen zu sichern. Dafür muss die Landwirtschaft wieder regionaler und weniger auf den Export ausgerichtet sein, wobei letzteres insbesondere für Spezialprodukte und Delikatessen weiterhin sinnvoll ist. Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) und ihre milliardenschweren Förderprogramme müssen konsequent darauf ausgerichtet werden, dass Artenvielfalt und Wasserverfügbarkeit langfristig erhalten bleiben sowie Klima- und Umweltschutz gewährleistet werden. Solidarische Landwirtschaft kann dabei helfen, weil es regionale Produkte liefert, wirtschaftliche Sicherheit bietet, den Bezug von Verbraucher*innen zur Erzeugung wieder steigert und ein Beitrag zur Eindämmung der Lebensmittelverschwendung ist.

Redner Jan Zimmermann bei der Veranstaltung Solidarische Landrwirtschaft. Foto: Eigene Aufnahme

Seit 2017 betreibt die Initiative „Urbane Farm“ eine Solidarische Landwirtschaft in Dessau. Jan Zimmermann von der Initiative berichtete, dass zunächst Brachflächen innerhalb der Stadt bewirtschaftet wurden. Hinzugekommen ist jetzt ein gepachteter Acker. Mittlerweile erfolgt die Lieferung wöchentlich, 32 Ernteanteile sind vergeben. Diese werden bezahlt von Wohngemeinschaften, Familien oder 2-Personenhaushalten. Zimmermann hob hervor, dass der beauftragte Gärtner sehr direktes und positives Feedback zu Frische und Geschmack bekommt, und dass nahezu alles vermarktbar ist, was geerntet wird. 90 Prozent der Mitglieder bleiben Teil der Initiative, was auf eine hohe Zufriedenheit hindeutet. Mögliche Überschüsse werden auf dem Wochenmarkt oder an drei Gastronomen in Dessau verkauft.

Rednerin Jessica Haby spricht bei der Veranstaltung Solidarische Landwirtschaft. Foto: Eigene Aufnahme

Jessica Haby von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Sachsen-Anhalt ist Gärtnerin in Halle und ebenfalls mit Solawi-Initiativen vertraut. Sie bestätigte, dass die Beschäftigten motiviert werden, wenn sie das direkte Feedback der Verbraucher*innen erhalten. Ziel der AbL ist es, neue kleine Betriebe zu gründen und in Zusammenarbeit mit den Verbraucher*innen möglichst breit aufzustellen. Dafür bietet sich der Solawi-Ansatz an. Grundsätzlich nimmt Jessica Haby eine stärkere Nachfrage nach regionalen Produkten wahr, wodurch es in Ballungsräumen bereits zu Engpässen beim Angebot kommt. Sie forderte, dass die Vergabe von Land in Zukunft an Gemeinwohlkriterien geknüpft werden muss, denn viele Initiativen haben Schwierigkeiten, geeignete Flächen zu bekommen. Sie merkte an, dass die Wertschöpfung im Gemüseanbau bezogen auf die Flächen gegenüber dem Getreideanbau höher ist. Durch den Personalabbau an Universitäten sind insbesondere ökologische Zusammenhänge in den letzten Jahren zu wenig vermittelt worden.  

Bürgdialog in Badeborn bei der Veranstaltung Solidarische Landwirtschaft. Foto: Eigene Aufnahme

Bei der anschließenden Diskussion mit den Interessierten wurde sich nach den Kosten eines Ernteanteils (70 Euro im Monat in Dessau) sowie der notwendigen Anzahl an Konsument*innen (Empfehlung 50 - 70) erkundigt, um eine Solawi dauerhaft stemmen zu können.

Besonders intensiv wurde das Thema Wasserverfügbarkeit diskutiert, welches auch in der großflächigen, konventionellen Landwirtschaft bereits heute ein großes Problem ist. Hier berichtete Dorothea Frederking von der Antragsinitiative unserer Fraktion zur Änderung des Landeswassergesetzes mit dem Ziel, die Wasserrückhaltung in der Fläche wieder zu ermöglichen und damit zu stärken. Die Landesregierung hat zugesagt, das Wassergesetz innerhalb eines Jahres zu novellieren. Als Fazit formulierte Frederking, dass die „Agrarwende zum Selbstschutz der Landwirtschaft“ immer dringlicher wird und die Solidarische Landwirtschaft hierfür ein Baustein ist.

Frederking stellte in Aussicht, die Veranstaltung in sehr ähnlicher Form in anderen Orten in Sachsen-Anhalt durchzuführen, damit in weiteren Gemeinden in Sachsen-Anhalt Solawi angeboten werden kann.